Vorteile der Vernetzung von Wörterbüchern
Welche Vorteile hat die Vernetzung von digitalen Wörterbüchern? Neben dieser Frage wird in dieser Station erklärt, welches Vorwissen man haben muss, um die Vernetzungen sinnvoll nutzen zu können. Darüber hinaus erfahren Sie, wie die Vernetzung im Wörterbuchnetz und in OWID realisiert wurden.
(Autorin: Sarah Merz, 30.09.2015)
Doch was bedeutet in diesem Zusammenhang eigentlich Vernetzung? Nachschlagewerke werden mit dem Zweck genutzt, »Informationen schnell und gezielt zu finden« (Burch 2008: 131). Aus diesem Grund beziehen sie sich in unterschiedlicher Weise aufeinander, ihre Inhalte sind gewissermaßen miteinander verknüpft. Sie bilden also eine Art Informationsnetz.
Bereits Print-Wörterbücher weisen eine unterschiedlich stark ausgeprägte Vernetzung auf, die durch verschiedene Formen von Verweisen realisiert wird. In den Artikeln werden Begriffe z.B. mit einem Pfeil, der nach rechts oben zeigt, markiert, um auf andere Artikel im gleichen Wörterbuch hinzuweisen. Gleiches gilt für Angaben wie siehe auch oder siehe unter. In den Artikeln kann aber auch auf andere Wörterbücher verwiesen werden (vgl. Schlaefer 2009: 90 ff.).
Bei Verweisen auf andere Wörterbücher müsste man die Exemplare gegebenenfalls gesondert zurate ziehen. Um also die gesamte Vernetzung erfassen zu können, müsste man alle Wörterbücher, auf die Bezug genommen wird, nebeneinander legen und an der entsprechenden Stelle aufschlagen. Das ist nicht nur aus platztechnischen Gründen schwierig, sondern auch aufwendig, unübersichtlich und mitunter teuer. Der Netzwerkcharakter der gedruckten Wörterbücher kann im Digitalen viel besser realisiert werden: Die Verweise sind hier als Links konzipiert, die durch Klicks direkt zu dem jeweiligen Wörterbuch bzw. Artikel führen. Voraussetzung ist dabei natürlich, dass dieses Wörterbuch ebenfalls in digitaler Form vorliegt.
Hier ist die Verlinkung im Wörterbuchnetz am Beispiel des Wörterbuchs der elsässichen Mundarten abgebildet.
Laut Thomas Burch »bieten Wörterbuchverbünde [wie das Trierer Wörterbuchnetz und OWID] mit multidirektionalen Verlinkungen komplexe und gezielt spezifizierbare Zugänge zum Material« (Burch 2008: 132).
Dank ihrer Hypertextstruktur können Online-Wörterbücher ganz anders aufgeteilt bzw. untergliedert werden als Print-Wörterbücher. »Hypertexte lassen ferner verschiedene Zugriffsformen zu, die gleichwertig nebeneinander benutzt werden können« (Bank 2012: 348).
Es muss dem Nutzer bewusst sein, dass die in den Portalen enthaltenen Wörterbücher verschiedenen Typen angehören: OWID bietet neben dem gegenwartssprachlichen elexiko-Wörterbuch zum Beispiel auch ein Sprichwörterbuch und zwei verschiedene Diskurswörterbücher an. Im Falle des Trierer Wörterbuchnetzes kommt hinzu, dass sie nicht nach Typen oder Verbünden sortiert sind, sondern alphabetisch. Das ermöglicht es, gezielt ein bestimmtes Nachschlagewerk aufzurufen. Gibt man in dieses seinen Suchbegriff ein, werden in dem zugehörigen Wörterbuchartikel auch die Artikel der anderen Nachschlagewerke angezeigt, die mit dem aufgerufenen vernetzt sind.
Für seine Suche stehen dem Nutzer in den einzelnen Wörterbüchern teils verschiedene Optionen zur Verfügung. Doch selbst wenn die Wörterbücher auch gleiche Suchoptionen haben, können sich die Suchergebnisse stark voneinander unterscheiden. Man muss »über ein gewisses lexikographisches Grundverständnis verfügen«, um die Wörterbücher und Nachschlagewerke erfolgreich nutzen zu können (Mihm 2010: 107). Für Laien gestaltet sich sonst die Suche nach bestimmten Informationen mitunter schwierig.
Vernetzung im Wörterbuchnetz
Die Ausgangsbasis der Vernetzung ist ein Datenbanksystem, in dem die Wörterbücher in strukturierter Form abgespeichert sind (Burch 2008: 136). Jedem Wörterbuch ist eine eigene Datenbank zugeordnet. In diese werden die Informationen über das jeweilige Wörterbuch eingespeist. Die Verweise »werden in einer zusätzlichen Datenbank als Metainformationen […] abgespeichert, die Basisdaten bleiben also unverändert« (Burch 2008: 139). Das hat folgenden Vorteil: Wenn ein neues Wörterbuch in das Wörterbuchnetz eingefügt wird, ist es einfacher, Verweise zu integrieren, da jeder einzelne Artikel eine eindeutige Bezeichnung in der betreffenden Datenbank hat. »Beim Zugriff auf ein Wörterbuch kann aus dieser Datenbank die Vernetzungsinformation ausgelesen und ebenfalls in der grafischen Benutzeroberfläche visualisiert werden« (Burch 2008: 139). Für die Vernetzung im Wörterbuchnetz wurden allgemein die »Binnenverweise und Verweise auf andere Nachschlagewerke als solche gekennzeichnet und als Hyperlinks realisiert« (Hildenbrandt; Moulin 2012: 78).
Die einzelnen Wörterbücher sind dabei über drei verschiedene Verweisklassen miteinander vernetzt: Die erste Klasse der expliziten Verweise geht dabei von den Verweisen in den Printausgaben aus. Diese werden auch in der digitalen Form durch die »Angabe einer Seiten-, Spalten-, Zeilen- oder Artikelreferenz« (vgl., siehe etc.) realisiert (Burch 2008: 135 f., Burch; Rapp 2007: 619).
Ergänzt werden sie durch die bidirektionalen Verweise bzw. symmetrischen Rückverweise. Diese lassen sich »aufgrund statistischer Berechnungen der Wörter in den Artikeln identifizieren« (Burch 2008: 135 f., Burch; Rapp 2007: 619). Somit ist die zeitliche Entstehung der Wörterbücher für ihre Vernetzung kein Hindernis mehr. Dadurch kann nicht nur ein später entstandenes Wörterbuch auf ein früher entstandenes verweisen, sondern auch umgekehrt das ältere auf das jüngere.
Die dritte Klasse sind die transitiven Verweise bzw. Querverweise. Sie werden durch Graphalgorithmen aus den ersten beiden Klassen berechnet (Burch 2008: 136., Burch; Rapp 2007: 619f.). Dabei handelt es sich um Verweise zwischen Wörterbüchern, zwischen denen vorher keinerlei Verbindung bestanden hat. Dazu folgendes Beispiel: Von Wörterbuch 1 gibt es einen expliziten Verweis auf Wörterbuch 2, der von der Printausgabe digital übernommen wird. Wörterbuch 2 verweist explizit auf Wörterbuch 3. Die Verweise werden umgedreht, sodass von WB 2 auf WB 1 und von WB 3 auf WB 2 bidirektionale Verweise entstehen. Wenn ein oder mehrere Artikel im WB 1 zu Artikeln im WB 3 passen, können auch hier Verweise angelegt werden, obwohl in den Printausgaben keine Verbindung zwischen den Wörterbüchern bestanden hat. Diese bezeichnet man dann als transitive Verweise. Im Wörterbuchnetz werden die Verweise in der rechten Spalte der Artikelseite unter dem Reiter Vernetzung nach den beschriebenen drei Klassen geordnet angezeigt, um die Informationen für den Nutzer übersichtlich zu strukturieren.
Vernetzung in OWID
Wie schon im Wörterbuchnetz liegt auch in OWID der Artikelstruktur eine »einheitliche XML-Codierung zugrunde« (Burch 2008: 132). Dadurch kann das große Vernetzungspotenzial zwischen den einzelnen Wörterbüchern in OWID umgesetzt werden (vgl. Burch 2008: 132). Somit können in OWID nicht nur Stichwörter (Lemmata), sondern auch Sublemmata und Flexionsformen erfragt werden (Engelberg; Lemnitzer 2009: 77).
»Eine den Modulen übergeordnete Vernetzung ergibt sich durch die gemeinsame Stichwortliste, in der alle behandelten Artikel aufgeführt werden« (Burch 2008: 133). Zudem referieren die Stichwörter in den Artikeln auf verwandte Stichwörter sowohl zwischen den Wörterbüchern als auch innerhalb eines einzelnen Wörterbuchs (vgl. Burch 2008: 133, Michaelis; Müller-Spitzer 2009: 11).
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