Verfahren zur Digitalisierung von 3D-Objekten
(Autor: Nicolas Schenk, 30.09.2015)
3D-Modellierung hat das Ziel, »die komplette Geometrie eines Objekts, seine Oberflächentextur und nach Möglichkeit seine optischen Materialeigenschaften zu erfassen und zu einem integrierten, digitalen 3D-Modell zusammenzuführen, welches das Objekt möglichst originalgetreu abbildet« (DFG-Praxisregeln 2013: 21). Solche Modellierungen haben ein breites Anwendungsspektrum und sind beispielsweise in der Archäologie und im Bauwesen im Einsatz. Bei der Digitalisierung von Kulturgütern spielen Museen sicher eine wichtige Rolle, weshalb im Folgenden der Fokus auf Museen als Trägern von Kulturgut liegt.
Vorteile von 3D-Modellen
3D-Modelle sind beispielsweise von Interesse, wenn das Original zum gesuchten Zeitpunkt ausgeliehen oder aus anderen Gründen (z.B. Restaurierung) nicht verfügbar ist. Wenn das Original fragil ist, kann eine 3D-Replik dieses zu Ausstellungszwecken ersetzen. Es ist auch möglich, anhand einer Computersimulation zu demonstrieren, wie das Objekt genutzt wurde. Ausgehend vom Modell können Nachbildungen von Objekten erschaffen werden, die auch zum Kauf angeboten werden können. Wenn gewünscht, kann durch die Erstellung von 3D-Modellen das Objekt auch online verfügbar gemacht werden. Die so entstehenden 3D-Bibliotheken ermöglichen dem Besucher rund um die Uhr ortsunabhängig Zugang zu den gescannten Objekten. Ein weiterer Vorteil besteht in der Erschließung der Objekte für die Besucher. Objekte können durch Drehen von verschiedenen Positionen aus betrachtet werden, eine Möglichkeit, die im herkömmlichen Museum nicht gegeben ist. Auch die Zoomfunktion bietet Besuchern die Möglichkeit, Objekte aus einem anderen, näheren Blickwinkel zu betrachten (Robson 2012: 97). Beispiele für 3D-Objekte sind die Dinosaurierskelette im Senckenberg-Naturmuseum in Frankfurt am Main. Durch die schiere Größe ist eine detaillierte Betrachtung im Museum hier sonst nur mit Fernglas oder Ähnlichem möglich.
Nachteile von 3D-Modellen
Neben diesen Vorteilen gibt es auch Bedenken und mögliche Nachteile, wie zum Beispiel die Kosten der Scanverfahren und der Technologie oder das Risiko, die originalen Objekte bei einem eventuellen Transport zum Scanort zu beschädigen. Internationale Standards für den gesamten Modellierungsvorgang müssen geschaffen werden, aber auch Vorgaben dafür, welche Metadaten in welchen Formaten gespeichert werden sollen. Weiterhin müssen auch digitale Objekte, genau wie reale Objekte, gepflegt werden. Dafür muss Personal ausgebildet werden (Robson 2012: 98). Außerdem soll die Technik in gewissen Abständen aktualisiert und gegebenenfalls auch portiert werden. Hinsichtlich der Möglichkeit, Objekte in 3D betrachten zu können, könnten Institutionen, die originale und unikale Objekte aufbewahren, befürchten, dass bei den potenziellen Besuchern, das Interesse an der Betrachtung des Originals sinke. Wenn die Objekte frei zugänglich gemacht werden, wem gehören sie dann? Damit einher geht eine mögliche Verlustangst von Museen bezüglich ›ihrer‹ Objekte. Angst könnte auch davor herrschen, dass die Bereitstellung der Objekte im Internet den ›tatsächlichen‹ Museumsbesuch überflüssig machen (Robson 2012: 98). Parzinger konstatiert hingegen, dass tendenziell mehr Menschen in Bibliotheken und Archive gehen, da sie durch das digitale Angebot erfahren, was in Bibliotheken und Archiven bewahrt wird (2015: 22). Die Dateigröße der 3D-Modelle ist ein weiterer kritischer Aspekt. Zum Abruf ist eine extrem leistungsfähige Internetverbindung notwendig, was noch nicht für alle Internetuser realisiert ist. Die Langzeitarchivierung dieser aufwendig hergestellten und sehr komplexen Daten erweist sich ebenfalls als schwierig.
Technischer Ablauf
Ein Verfahren der 3D-Modellierung ist die Photogrammetrie, bei dem mehrere überlappende Bilder der Oberfläche von verschiedenen Positionen aus gemacht werden. Diese Bilder werden dann mithilfe spezieller Programme zusammengeführt, damit ein Gesamtbild entsteht. Es handelt sich hierbei also um »bildgestützte Vermessung, also ein indirektes Messverfahren mithilfe von Bildern« (Bähr 2011: 265).
Ein weit verbreitetes Verfahren ist das Laserscannen, bei dem ein Laser über die zu scannende Oberfläche fährt. Es entsteht ein Dreieck zwischen dem Laser, der Oberfläche und einer Kameralinse. Mithilfe der Länge h zwischen diesen drei Punkten kann nach dem Satz des Pythagoras die Oberfläche rekonstruiert werden (Robson 2012: 93). Um die komplette Oberfläche des Objekts abbilden zu können, muss entweder das Objekt oder der Laser bewegt werden können (Robson 2012: 94). Die Durchführung können beispielsweise externe Firmen übernehmen, die über die nötige Ausstattung (Laser) und das Know-How verfügen, um die Institutionen damit zu entlasten.
Bähr, Hans-Peter, Photogrammetrische Kulturgüterdokumentation. Technische Entwicklungen verändern Wahr-Nehmung, An-Schauung und Vor-Stellung von Bauwerken, in: Neues Erbe. Aspekte, Perspektiven und Konsequenzen der digitalen Überlieferung, hrsg. v. Robertson-von Trotha, Caroline Y.; Hauser, Robert, Karlsruhe 2011, S.263-278.
Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG-Praxisregeln »Digitalisierung«, Stand Februar 2013, online: http://www.dfg.de/formulare/12_151/12_151_de.pdf [30.06.2015].
Parzinger, Hermann, Kulturelles Erbe und Digitalisierung, in: Der Vergangenheit eine Zukunft. hrsg. v. Klimpel, Paul; Euler, Ellen, Berlin 2015, S. 20-31.
Robson, Stuart et. al., 3D Recording and Museums, in: Digital Humanities in Practice. hrsg. v. Warwick, Claire; Terras, Melissa; Nyhan, Julianne, London 2012, S. 91-116.