Nachschlagen im Print-Wörterbuch
Das Suchen in Print-Wörterbüchern kann unter Umständen ziemlich mühsam sein. Online-Wörterbücher bieten einige Vorteile, die das Suchen vereinfachen und außerdem zusätzliche Informationen geben. Diese Station beantwortet Fragen rund um die Suche in Online-Wörterbüchern. Hier erfahren Sie, welche Suchmöglichkeiten im Vergleich zu Print-Wörterbüchern zur Verfügung stehen, zu welchen Ergebnissen die Suche in verschiedenen Wörterbuchtypen führen kann und wie diese miteinander vernetzt sind. Zur Veranschaulichung werden Ihnen die beiden Wörterbuchportale das Trierer Wörterbuchnetz und das Online-Wortschatz-Informationssystem Deutsch (OWID) sowie Das Digitale Wörterbuch Deutscher Sprache (DWDS) vorgestellt.
(Autorin: Sarah Merz, 30.09.2015)
Ein Print-Wörterbuch kann auf verschiedene Arten benutzt werden: Bei der Suche nach konkreten Informationen dient es als Nachschlagewerk. Man kann es als »Lesebuch zur Sprache« benutzen, wenn man zwar keine Suchfragen, aber allgemeines Interesse an der Sprache hat (Wiegand 1998: 363). Und schließlich ist es ein Prüfgegenstand, wenn man sich zum Beispiel beim Verfassen eines Textes über die richtige Schreibweise vergewissern möchte (vgl. Wiegand 1998: 363). Dabei setzt eine »erfolgreiche […] Zugriffshandlung im Wörterbuch […] eine Reihe von Fähigkeiten und Kenntnissen voraus«. Fehlen diese, »können Probleme auftreten, die zur Verzögerung oder zum Abbruch der [Suche] führen« (Engelberg/Lemnitzer 2009: 97).
Der Wörterbuchnutzer muss zunächst einmal das verwendete Schriftsystem und seine Zeichenfolge beherrschen. Handelt es sich um lateinische, griechische oder kyrillische Schriftzeichen? Und wo werden jeweils die Umlaute (ä, ö, ü) eingeordnet (Engelberg/Lemnitzer 2009: 97)? Eine weitere Voraussetzung besteht in der »Fähigkeit, die Länge von Lemmastrecken abzuschätzen« (Engelberg/Lemnitzer 2009: 97). Wenn man zum Beispiel nach dem Lemma Mantel sucht, fängt man nicht ganz vorne im Wörterbuch an zu blättern; stattdessen kann man ungefähr abschätzen, dass das Wort in der Mitte zu finden ist. Dabei muss man mehrfach blättern, um zu der richtigen Seite zu gelangen. Landet man auf der Suche nach Mantel nach dem ersten Aufschlagen in der Lemmaliste zum Buchstaben K, weiß man, dass man bis M noch den ganzen Abschnitt über L überblättern muss. Dann wiederum muss man in der M-Liste solange suchen, bis man bei dem gewünschten Wort angekommen ist.
Wichtig bei der Suche in Print-Wörterbüchern ist auch die »Fähigkeit zur Grundformenermittlung« (Engelberg/Lemnitzer 2009: 98), denn die flektierten Formen eines Lexems sind meist nicht in der Lemmaliste aufgeführt. Um beispielsweise etwas über das Wort lief herauszufinden, muss der Nutzer wissen, dass er bei laufen nachschlagen muss. Insbesondere für Nichtmuttersprachler kann das zu Schwierigkeiten führen.
Wenn man ein unbekanntes Wort nur gehört hat und es nachschlagen will, muss man ggf. verschiedene Schreibvarianten ausprobieren, bis man das Wort gefunden hat. Weiß jemand nicht, wie eliminieren geschrieben wird, kann es sein, dass derjenige erst nach äliminieren oder elliminieren sucht (vgl. Engelberg/Lemnitzer 2009: 98).
Außerdem muss man sich als Nutzer eines gedruckten Wörterbuchs über die Anordnungsprinzipien im Klaren sein, die in den einzelnen Nachschlagewerken unterschiedlich realisiert werden. Die Bestandteile komplexer Lexeme können entweder als eigenständige Lemmata oder in dem Lemma eines in ihnen vorkommenden Lexems behandelt werden (Engelberg/Lemnitzer 2009: 98). So wird die Suche nach Phrasen wie sich an die eigenen Nase packen ggf. umständlich, wenn man nicht weiß, ob man unter Nase oder packen nachschlagen muss. Als Nutzer ist es zudem hilfreich zu wissen, welche Verzeichnisse in einem Wörterbuch zu finden sind und welche Suchbegriffe sie jeweils beinhalten (Engelberg/Lemnitzer 2009: 99).
Generell ist das Nachschlagen in einem Print-Wörterbuch meist eine Frage der Übung. Vor allem, wenn es sich nicht um ein initialalphabetisches bzw. glattalphabetisches Wörterbuch handelt, in dem die Lemmata nach ihren Anfangsbuchstaben geordnet sind. In einem anders sortierten Wörterbuch muss auch entsprechend gesucht werden (vgl. Engelberg/Lemnitzer 2009: 97). Die Lemmata können zum Beispiel auch nischen-, nest- oder finalalphabetisch angeordnet sein, wie die folgende Abbildung aus dem Schweizerischen Idiotikon zeigt.
Bei einer nischenalphabetischen Anordnung »wird das Lemma, dem ein etymologisch zusammenhängender Wortfamilienausschnitt folgt, als Leitlemma abgesetzt, während die Wortfamilienlemmata in normalalphabetischer Folge umgesetzt werden« (Schlaefer 2009: 87). Die Leitlemmata werden hier in manchen Fällen auch durch Auslassungszeichen ersetzt, zum Beispiel steht dann statt Flötenkonzert nur ~konzert (vgl. Schlaefer 2009: 87). Ein Beispiel: Unter dem Lemma Flöte werden auch flöten, Flötenbläser, flöthegehen, Flötenkonzert, Flötenmusik, Flötenspiel, Flötenspieler, Flötenton und Flötenwerk subsummiert. Diese subsummierten Wörter sind wiederum alphabetisch geordnet.
In nestalphabetischen Wörterbüchern »werden morphologisch zusammengehörige Lexemgruppen zusammenhängend [, d.h. in sogenannten Nestern] dargestellt« (Schlaefer 2009: 87). Den abgesetzten Hauptlemmata folgen die Artikel ihrer Ableitungen und Komposita, die wiederum ein eigenes Ordnungsprinzip aufweisen (vgl. Schlaefer 2009: 87). Ein Beispiel: Unter dem Lemma Erle werden Brand-, Ruess-, Schwarz- und Drües- subsummiert. Die subsummierten Worte unter Erle sind die Kerne der angeführten Komposta, d.h. sie tragen den semantischen Inhalt, wohingegen der Kopf, in unserem Fall Erle, die grammatikalische Eigenschaft der Komposita enthält.
Rückläufige oder finalalphabetische Stichwortlisten erfordern wiederum eine andere Nachschlagetechnik, da hier die Lemmata vom Wortende her sortiert sind (vgl. Schlaefer 2009: 88). Ein Beispiel: Die Anordnung der Lemmata gestaltet sich folgendermaßen: tektonisch, architektonisch, plutonisch, embryonisch, Harnisch, Allermansharnisch. Die alphabtische Ordnung erfolgt von hinten her. Viele rückläufige Wörterbücher wollen den Ansprüchen eines Reimlexikons gerecht werden, was sich aber nur bedingt erkenne lässt, da sich bei der Ordnung der Wörter am Suffix orientiert wird und Worte, die eventuell einen schöneren Reim ergeben würden, abgeschnitten werden und nicht auf den ersten Blick zu finden sind, sondern erst, wenn man sich einige viele aufeinanderfolgende Lemmata angeschaut hat.
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