Das Wörterbuchnetz
Allgemeines
(Autorin: Sarah Merz, 30.09.2015)
Das Wörterbuchnetz ist ein Projekt des Kompetenzzentrums für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften der Universität Trier, das seit 2007 online frei verfügbar ist (Mihm 2010: 97). Es handelt sich dabei um einen Verbund von aktuell 24 verschiedenen Nachschlagewerken und Wörterbüchern, die retrospektiv digitalisiert wurden (Mihm 2010: 98). Ihre digitalen Versionen sind teilweise im Rahmen von DFG-Projekten (DFG = Deutsche Forschungsgemeinschaft) am Trier Center for Digital Humanities entstanden. Dazu gehört unter anderem der mittelhochdeutsche Wörterbuchverbund, der vier Wörterbücher umfasst: Das Mittelhochdeutsche Wörterbuch, das Mittelhochdeutsche Handwörterbuch, das Findebuch zum mittelhochdeutschen Wortschatz und das Neue Mittelhochdeutsche Wörterbuch. Zu DFG-Projekten zählen die Erstbearbeitung des Deutschen Wörterbuchs von Jacob und Wilhelm Grimm, das Pfälzische Wörterbuch, das Rheinische Wörterbuch sowie das Goethe-Wörterbuch (Hildenbrandt; Moulin 2012: 74). Viele Nachschlagewerke sind dagegen in Kooperation mit anderen wissenschaftlichen Instituten entstanden und in das Wörterbuchnetz integriert worden. Beispiele dafür sind das Grammatisch-Kritische Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Meyers Großes Konversationslexikon und das Deutsche Sprichwörter-Lexicon (Hildenbrandt; Moulin 2012: 75). »Darüber hinaus können über das Trierer Wörterbuchnetz [aktuell acht] externe Ressourcen angesprochen werden, auf die aus dem Wörterbuchnetz verlinkt wird« und die umgekehrt auch auf das Wörterbuchnetz verweisen, darunter das Luxemburger Wörterbuch, die Mittelhochdeutsche Begriffsdatenbank und das Deutsche Rechtswörterbuch (ebd.).
Auf der Startseite des Wörterbuchnetzes sind alle enthaltenen Wörterbücher und Nachschlagewerke aufgeführt. Es handelt sich dabei um verschiedene Wörterbuchtypen, die unterschiedlich eng miteinander vernetzt sind. Sie sind allerdings nicht nach Typen geordnet. Stattdessen richtet sich ihre Anordnung – von rechts nach links und von oben nach unten gelesen – nach dem Alphabet.
Die ausführlichen Titel der einzelnen Werke sind »mit [ihrer] digitalen Variante […] verlinkt«, sodass ggf. das benötigte Wörterbuch separat aufgerufen werden kann (Mihm 2010: 99). Links daneben befindet sich jeweils ein farbiges Kästchen mit der entsprechenden Abkürzung (ebd.).
Zum Typ Sprachstadienwörterbuch gehören unter anderem das Mittelhochdeutsche Wörterbuch und das Findebuch zum mittel-hochdeutschen Wortschatz. Solche Wörterbücher bilden den Sprachgebrauch einer bestimmten sprachlichen Epoche (z.B. Althochdeutsch, Frühneuhochdeutsch etc.) ab.
Das Deutsche Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm gehört zum Typ sprachstadienübergreifendes Wörterbuch. Wörterbücher dieser Art umfassen den Sprachgebrauch mehrerer sprachlicher Epochen.
Zudem beinhaltet das Wörterbuchnetz mehrere Beispiele für den Typus Dialektwörterbuch, darunter das Pfälzische und das Rheinische Wörterbuch. In diesen Wörterbüchern finden sich ausschließlich Lemmata aus dem jeweiligen Dialekt.
Das Goethe-Wörterbuch steht für den Typ Autorenwörterbuch, d.h. hier werden mit dem Wortschatz des Autors auch die Sprache sowie die Bildungs- und Sachgeschichte seiner Zeit abgebildet.
Die Ökonomische Enzyklopädie, ein Projekt der Universitätsbibliothek Trier, entspricht dem Typ Sachwörterbuch. Sie enthält demmnach Informationen zur Bedeutung der Lemmata (Burch 2008: 134f., Burch; Rapp 2007: 610f.).
Suchen im Wörterbuchnetz
Das Wörterbuchnetz bietet verschiedene Suchoptionen. Grundsätzlich ist mit dem Suchfeld auf der Startseite eine Stichwortsuche möglich (vgl. Hildenbrandt; Moulin 2012: 76).
Die Stichwörter aller Wörterbücher sind in einer übergreifenden Liste zusammengefügt, »so dass bei einer Suchanfrage auf alle Wörterbücher verwiesen wird, in denen das entsprechend angefragte Stichwort als Eintrag vermerkt ist« (Mihm 2010: 100).
Links ist die Stichwortsuche auf der Startseite des Wörterbuchnetzes am Beispiel Kartoffel zu sehen.
Das Suchfeld auf der Startseite ermöglicht auch eine Suche mit Platzhaltersymbolen. Auf diesen Abbildungen ist die Suche nach Kartoffel? bzw. Kartoffel* zu sehen.
Das Fragezeichen steht für genau einen Buchstaben im Stichwort, während mit dem Asterisk mehrere Buchstaben ersetzt werden können.
Dementsprechend erhält der Nutzer je nach Eingabe unterschiedliche Suchergebnisse.
Wählt man nach einer solchen Suchanfrage beispielsweise das DWB aus, gelangt man zu dem entsprechenden Artikel, hier nochmal am Beispiel Kartoffel gezeigt.
Hier zeigt sich auch der dreigeteilte Aufbau der Artikelseiten im Wörterbuchnetz, der »die drei Präsentationsformen des jeweiligen Nachschlagewerks anbiete[t] und so das typische Layout der Trierer Online-Präsentation [darstellt]« (Hildenbrandt; Moulin 2012: 76):
In der linken Spalte sind die alphabetische Zugriffsleiste und die jeweilige Stichwortliste (Lemmaliste) zu sehen (vgl. Mihm 2010: 102).
In der Mitte steht der aufgerufene Artikel. Die rechte Spalte zeigt unter dem Reiter Vernetzung an, mit welchen Wörterbuchartikeln der gesuchte Artikel verlinkt ist.
Der Reiter Gliederung zeigt – sofern vorhanden – »eine Art Inhaltsverzeichnis« des aufgerufenen Wörterbuchartikels an, »so dass dem Nutzer mühevolles langes Suchen nach einer bestimmten Information […] erspart bleibt, denn per Mausklick auf einer der Gliederungsebenen gelangt er an die gewünschte Stelle innerhalb des Artikels« (Hildenbrandt; Moulin 2012: 76).
Auf den einzelnen Wörterbuchseiten stehen weitere Suchoptionen zur Verfügung. Über die alphabetische Zugriffsleiste gelangt man durch einen einfachen Klick zu der Lemmaliste des gewünschten Buchstabens. Klickt man über die indexbasierte Suche wiederum in der Lemmaliste auf das gewünschte Stichwort, wird man zum jeweiligen Artikel geleitet (vgl. Mihm 2010: 102).
Für eine einfache Stichwortsuche im ausgewählten Wörterbuch kann man aber auch das Suchfeld verwenden, das sich über der Lemmaliste befindet. Das macht gleichzeitig eine inkrementelle Suche und eine Suche mit Platzhaltersymbolen möglich (vgl. Mihm 2010: 106).
Wie das Beispiel zeigt, sind die Wörterbuchartikel in ihrer Gestaltung an die Printartikel angelehnt. Sie werden allerdings »nicht im Spaltensatz abgebildet« (Mihm 2010: 102) und weisen auch sonst manche Unterschiede auf.
»Einige Veränderungen ergeben sich aus dem Ansatz, den Wörterbüchern ein ›inhaltlich-strukturelles Markup‹ zu verleihen, andere sind den technischen Möglichkeiten des Internets geschuldet« (Mihm 2010: 102).
Die Pfeilsymbole in der Stichwortliste und in der mittleren Spalte dienen als Navigationsmittel innerhalb der Lemmata bzw. der Artikel des jeweiligen Wörterbuchs (Mihm 2010: 102).
Über der rechten Spalte befindet sich der Reiter Suche mit den Eingabeoptionen Wörterbuchtext und Stichwort. Hier stehen also die Stichwortsuche und die Volltextsuche zur Verfügung (vgl. Mihm 2010: 105). Unter der Option Hilfe wird unter anderem auf die Suche mit Platzhaltersymbolen hingewiesen.
Generell gilt für alle Suchoptionen im Wörterbuchnetz, dass die Lemmata nicht unebdingt in ihrer exakten Schreibung eingegeben werden müssen (Mihm 2010: 100). Die Schreibungstoleranz ist hier demnach gegeben, so findet die Eingabe Fleiß auch das Wort Fleiss.
Diese Gestaltung der Wörterbuchartikel und die beschriebenen Suchoptionen gelten allerdings nicht für die externen Ressourcen.
Das Deutsche Rechtswörterbuch (DRW) zum Beispiel bietet mit der einfachen und der kombinierten Suche zwei Optionen an, die jeweils verfeinerte Suchstrategien enthalten.
Bei der einfachen Suche gibt man in das Suchfeld ein Stichwort ein und kann danach unter verschiedenen Kategorien im Wörterbuch (Wortartikel, Belegtexte, Worterklärungen), im Quellenverzeichnis (Quellensiglen, Autoren, Titel etc.), im Textarchiv (Volltext) oder in faksimilierten Quellen suchen lassen.
Genau wie bei der einfachen Suche kann man auch bei der kombinierten Suche einen Index auswählen. Hier lassen sich mehrere Wörter gleichzeitig ermitteln, auch mittels der Suche mit logischen Konnektoren UND, ODER sowie ABER OHNE.
Zudem ist eine Trunkierung über das Asterisk-Zeichen (*) möglich. Gesucht werden kann grundsätzlich nach dem Wortschatz der älteren deutschen Rechtssprache zwischen dem 6. Jahrhundert und etwa 1800.
Suchergebnisse im Wörterbuchnetz
Wie eingangs erwähnt sind im Wörterbuchnetz verschiedene Wörterbuchtypen enthalten. Auch wenn die Suchoptionen mit Ausnahme der externen Ressourcen alle gleich sind, fallen die Ergebnisse sehr unterschiedlich aus. Um das zu demonstrieren, wird im Folgenden in verschiedenen Wörterbüchern nach dem Stichwort Kartoffel gesucht.
Im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm werden verschiedene Verwendungsweisen und Ausdrucksformen des Begriffs mit neuhochdeutschen Belegen versehen.
Dialektwörterbücher koppeln das Stichwort mit Belegen aus dem jeweiligen Dialekt, wie es zum Beispiel im Pfälzischen Wörterbuch zu sehen ist. Angegeben wird auch, wie Kartoffel in verschiedenen Regionen ausgesprochen wird.
Im Sprichwörter-Lexicon von Karl Friedrich Wilhelm Wander werden zu dem gesuchten Begriff verschiedene Sprichwörter mit Quellenangaben aufgelistet, in denen Kartoffel vorkommt.
Das Goethe-Wörterbuch hat als Autorenwörterbuch einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt. Es bildet nicht nur den Wortschatz von Johann Wolfgang von Goethe ab, sondern repräsentiert auch den Sprachgebrauch seiner Zeit sowie unterschiedliche Sachinteressen. Hier folgen auf verschiedene Definitionen des Begriffs einige Textbelege, in denen Kartoffel im jeweiligen Kontext auftaucht.
Burch, Thomas, Fragen der Vernetzung in OWID und im Wörterbuchnetz, in: Klosa, Anette (Hrsg.), OPAL-Sonderheft 1/2008, S. 131-142.
Burch, Thomas; Rapp, Andrea, Das Wörterbuch-Netz; Verfahren - Methoden - Perspektiven, in: Historisches Forum. Beiträge der Tagung .hist 2006. Geschichte im Netz: Praxis, Chancen, Visionen, Band 10, Teilband I, hrsg. von Burckhardt, Daniel; Hohls, Rüdiger; Prinz, Claudia, Berlin 2007, S. 607-627, online: http://edoc.hu-berlin.de/histfor/10_I/PHP/Woerterbuecher_2007-10-I.php [19.11.2015].
Hildenbrandt, Vera; Moulin, Claudine, Das Trierer Wörterbuchnetz. Vom Einzelwörterbuch zum lexikographischen Informationssystem, in: Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung Nr. 119/ 2012, S.73–81.
Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften
Universität Trier, Das Goethe-Wörterbuch, online: http://gwb.uni-trier.de/de/das-druckwerk/ [Stand: 13.07.2015].
Kompetenzzentrum für elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren in den Geisteswissenschaften
Universität Trier, Wörterbuchnetz, online: www.woerterbuchnetz.de [Stand: 13.07.2015].
Mihm, Hildegard, Rezension: »Das Wörterbuchnetz«, in: Lexicographica. Jährliches Jahrbuch für Lexikographie, Nr. 26/ 2010. S. 97-107.
Charlier, Robert, Vom Nachschlagewerk zum virtuellen Informationssystem - Perspektiven historischer Lexikografie im Internet, in: Historisches Forum. Beiträge der Tagung .hist 2006. Geschichte im Netz: Praxis, Chancen, Visionen, Band 10, Teilband I, hrsg. von Burckhardt, Daniel; Hohls, Rüdiger; Prinz, Claudia, Berlin 2007, S. 628-643.
Kühn, Peter, Typologie der Wörterbücher nach Benutzungsmöglichkeiten, in: Hausmann, Franz Josef; Reichmann, Oskar; Wiegand, Herbert Ernst; Zgusta, Ladislav (Hrsg.): Wörterbücher. Ein internationales Handbuch zur Lexikographie, (Handbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft, Band 5.1), Berlin 1989, S. 111-127.
Neumann, Gerald, Wörterbücher als digitale Ressourcen für Mensch und Maschine; Die Wörterbuchprojekte der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, in: Historisches Forum. Beiträge der Tagung .hist 2006. Geschichte im Netz: Praxis, Chancen, Visionen, Band 10, Teilband I, hrsg. von Burckhardt, Daniel; Hohls, Rüdiger; Prinz, Claudia, Clio-online, Berlin 2007, S. 644-652.
Storrer, Angelika, Internet-Lexikographie; Produkte, Prozesse, Perspektiven. Kolloquium zur Lexikographie und Wörterbuchforschung, Sofia 2012.